Der neue Jaguar XF Sportbrake im Erlkönig-Mantel
Die Autohersteller entwickeln laufend neue Fahrzeuge – vom nächstjährigen Modell mit leicht abgeänderter Front- und Heckpartie bis hin zu komplett neuen Autos wie beispielsweise dem Range Rover Velar. In Praxistests soll sichergestellt werden, dass sich das neue Auto im Alltag bewähren wird. Dazu werden die Fahrzeuge mit wild bedruckten Folien beklebt, um auf der Strasse unerkannt zu bleiben. Derart verkleidete Autos werden «Erlkönige» genannt. Wir sind dem neuen Jaguar XF Sportbrake Erlkönig begegnet.
Wer fährt so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Entwickler mit seinem «Kind».
Unter der Verkleidung es bleibt versteckt,
Nicht dass es die Presse zu früh entdeckt.
Der Erlkönig ist ursprünglich eine Ballade von Johann Wolfgang von Goethe, die er im Jahr 1782 schrieb. Wir mussten das Gedicht, das sich in echt leicht anders anhört als mein Vierzeiler oben, in der Schule noch auswendig lernen und vor der ganzen Klasse aufsagen. Unser Deutschlehrer stammte gefühlt etwa aus dem selben Jahr wie die Ballade.
Der Erlkönig: Gemeinfreie Illustration von Albert Sterner
Die Benennung des Autos stammt aber nicht von ungefähr. Sie entstand in den 1950er-Jahren, nachdem die beiden Auto-Journalisten Heinz-Ulrich Wieselmann und Werner Oswald in der Autozeitschrift «auto motor und sport» Fotos der getarnten Prototypen mit kleinen Gedichten im Erlkönig-Stil ergänzten.
Tarnfolie
Viele Autobauer setzen Krisselfolie ein, also Klebefolie mit einem schwarz-weissen Wirbelmuster, einige auf wilde Pixel oder ein anderes Muster. Damit wollen sie Kanten und sonstige Details unkenntlich machen. Einige polstern ihre Fahrzeuge sogar mit Schaumstoff oder zusätzlichen Aussenverkleidungen. Neue, besondere Elemente werden dabei besonders gut abgeklebt.
Das klappt teilweise besser, teilweise weniger gut. Häufig verraten Kühlergrill oder Scheinwerfer, was unter der Tarnfolie steckt. Lustig ist die Situation in Deutschland. Dort gibt die Autonummer am Erlkönig immer zumindest preis, welche Automarke da unterwegs ist (Landkreis, in dem sich das Werk befindet):
- Audi: IN (Ingolstadt)
- BMW: M (München)
- Mercedes: S (Stuttgart – kann auch ein Porsche sein)
- Opel: GG (Rüsselsheim im Landkreis Gross-Gerau)
- Porsche: S (Stuttgart – kann auch ein Mercedes sein)
- VW: WOB (Wolfsburg)
Raubkatze in freier Wildbahn
Nach einem Unterbruch wird Jaguar wieder einen Kombi produzieren. Vorreiter dafür war wohl der F-Pace SUV – Jaguar-Fahrer sind auf den Geschmack gekommen. Vor kurzem hat Jaguar einen ersten Teaser des XF Sportbrake veröffentlicht: ein Foto von oben und seine Silhouette auf dem berühmten Rasen-Tennisplatz von Wimbledon. Vielleicht deutet dies auf den Vorstellungstermin hin: Wird Jaguar seinen neuen Kombi während dem Wimbledon-Turnier vom 3.-16. Juli 2017 präsentieren?
Wir haben ihn schon vor einem halben Jahr gesehen. Gleich zwei Erlkönige haben im englischen Folkestone auf den Zug gewartet. Ich bin fast sicher, dass es sich nicht um zwei gleiche Autos handelte, sondern neben dem neuen XF Sportbrake auch um einen (bisher nicht angekündigten) XE Sportbrake. Und die beiden sind wirklich getarnt, so gut es nur geht. Sogar die Rücklichter sind zugeklebt und auch die Heckscheibe. Nur ein Halbkreis rund um den Scheibenwischer ist ausgespart. Diese Tatsache offenbart umso auffälliger, dass der Scheibenwischer – wie beim F-Pace – am unteren Scheibenrand angebracht ist und nicht etwa oben, versteckt unter dem Dachkantenspoiler, wie es bei Land Rovern und Range Rovern desselben Konzerns der Fall ist.
Dafür hat Jaguar alles unternommen, den Rest der Kombi-Karrosserie geheim zu halten. Anhand der Ausbuchtung über der D-Säule wird klar, dass eine Abdeckung mit Verstrebung am Heck angebracht wurde, um sowohl die geschwungene Form der hintersten Seitenscheiben (sicher wie beim F-Pace) als auch den Winkel der D-Säule zu verbergen. Wir bleiben also weiterhin gespannt, bis Jaguar seinen neuen XF Sportbrake wohl schon bald enthüllt.
Die «Erlkönige» tragen übrigens nur auf Deutsch einen so edlen, mystischen Namen. Auf Englisch und Französisch werden die verkleideten Autos «Maultier» genannt, in anderen Sprachen haben sie überhaupt keinen festen Begriff.
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