Schön, schnittig, speziell: Das sind die Gewinner am ACS Concours d’Excellence International 2022

Ein grosser Erfolg für Monteverdi: Der Schweizer Autobauer heimst gleich zwei Preise ein und gewinnt damit nicht nur in seiner Kategorie, sondern wird auch von den Teilnehmenden zum schönesten Auto gewählt. Der Publikumspreis geht an an einen Rolls-Royce Silver Ghost, der dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiert.

Nach einer Corona-bedingten Zwangspause konnte der Schönheitswettbewerb für Automobile, der «ACS Concours d’Excellence International», am 9. und 10 September 2022 erneut stattfinden. Nach einer Stadtrundfahrt durch die Stadt Luzern mit verschiedenen Stationen trafen die rund 50 Fahrzeuge wieder im Verkehrshaus ein. Hier wurden sie von einer Fachjury bewertet – und vom Publikum im Verkehrshaus. Gerade die Kleinen haben daran grosse Freude und und nehmen ihre Aufgabe ernst: Ein Kind hat schon die Autotüre geöffnet, als sein Vater es gerade noch davon abhalten kann, in den gelben DeTomaso Pantera einzusteigen.

Die Fahrzeuge sind ein buntes Sammelsurium der Automobilgeschichte. Dazu gehört genauso ein Rolls-Royce 40/50 HP Silver Ghost von 1922 wie ein Hundert Jahre jüngerer Aston Martin Valkyrie mit Jahrgang 2022. Sie nehmen in verschiedenen Kategorien am Wettbewerb teil.

Kategorie A: Offene Automobile 1920-1945

Der Gewinner steht gleich neben dem Tisch mit den Preisen: Der Bugatti Type 50 Roadster aus dem Jahr 1931 ist die sportliche Version des Type 46. Sein Acht-Zylinder-Motor mit fünf Litern Hubraum leistet 225 PS. Nur ungefähr 65 Fahrzeuge wurden davon gebaut, was das Auto sehr selten macht. Dieses Exemplar gehört der Pearl Collection in Baar, die daneben auch zwei Bugatti Chiron angemeldet hat. Der Chiron wurde bekanntlich nach dem Rennfahrer Louis Chiron benannt, der für Bugatti auch mit dem Type 50 Roadster Rennen fuhr (mit einem auf 275 PS leistungsgesteigerten Motor).

Kategorie B: Offene Automobile 1946-1965

Der Preis geht an den Porsche 356 aus dem Jahr 1949. Der 356 ist das erste Serienmodell von Porsche, und das hier das Urmodell mit der zweigeteilten Windschutzscheibe aus Sekuritglas mit Mittelsteg. Interessant ist die durchgehende Sitzbank für Fahrer und Beifahrer – Einzelsitze waren damals nur auf Wunsch lieferbar – und das weisse Lenkrad aus Bakelit. Das Auto hat übrigens noch keine Benzinstandanzeige. Der muss mit einem Holzstab mit Kerben gemessen werden, der in den Tank gehalten wird. Der Vier-Zylinder-Motor leistet je nach Ausführung zwischen 40 und 70 PS.

Kategorie C: Offene Automobile ab 1966

Die Jury vergibt den Preis an den weissen Alvis Graber TF 21 von 1968. Inmitten der anderen Autos wird er leicht übersehen, obwohl es sich dabei um ein ganz spezielles Fahrzeug handelt. Alvis war ein britischer Luxusauto-Hersteller, der 1967 von Rover übernommen wurde. Der TF 21 war sein letztes Modell. Hier ausgestellt ist aber nicht etwa das Serienmodell, sondern eine von der Carrosserie Graber überarbeite Sonderkarosserie. Hermann Graber in Wichtrach im Kanton Bern hatte sich auf Alvis-Fahrzeuge spezialisiert, und versah sie mit eigenen Karosserien, die meist einen sportlicheren Eindruck machten als das Serienmodell.

Kategorie D: Geschlossene Automobile 1920-1945

Der grüne Fiat 1500 B aus dem Jahr 1938 konnte sich mit seinem Sieg in dieser Kategorie unter anderem gegen einen Rolls Royce und einen La Salle durchsetzen. Das Modell gehörte zu den ersten Automobilen, die in einem Windkanal getestet wurden. Besonders speziell ist das Auto aber wegen seiner Karosserie von Touring, von der nicht einmal ein Dutzend Exemplare hergestellt wurden.

Kategorie E: Geschlossene Automobile 1946-1965

Auch in dieser Kategorie gewinnt eine Graber-Version eines Alvis, dieses Mal eines TD 21 aus dem Jahr 1961. Besonders gut zu sehen sind die sehr dünnen C-Säulen.

Kategorie F: Geschlossene Automobile ab 1966

Der Monteverdi High Speed 375L mit seinen gestreckten Linien und den eckigen Front- und Heckpartien ist und bleibt ein elegantes, zeitloses Auto, das Präsenz markiert. «Me chunt und me isch en» mit diesem Auto, sagte mir Paul Berger vor ein paar Jahren in einem Gespräch am Auto-Salon in Genf. Der Lebensgefährte von Peter Monteverdi und heutiger Inhaber von Monteverdi konnte sich mit seinem Lieblings-Coupé in dieser Kategorie nicht nur gegen verschiedene andere schöne Autos, sondern auch gegen zwei weitere Monteverdi 375 durchsetzen. Der ebenfalls wunderschöne gelbe 375 S Berlinetta gehört Ruedi Wenger, dem ehemaligen langjährigen Präsident des Monteverdi-Clubs.

Kategorie G: ACS Sport- und Rennwagen 1920-1945

Das französische Maschinenbauunternehmen Salmson hatte sich bereits 1896 auf den Bau von Automobil- und Flugzeugmotoren spezialisiert. Sein für den Rennsport entworfenes Modell AL Grand Sport mit seinem 1-Liter-Vierzylindermotor mit rund 40 PS war extrem erfolgreich. Zwischen 1921 und 1928 erzielte Salmson damit mehr als 500 Siege und 10 Weltrekorde in verschiedenen Disziplinen. Die Grand Sport Spécial (GSS) Version, die in dieser Kategorie der frühen Sport- und Rennwagen gewinnt, hat gegenüber der «normalen» Rennversion ein Viergang-Getriebe. Die Karosserie wurde von den Carrosserie Wenger in Basel hergestellt. Das hier teilnehmende Modell gehörte rund 50 Jahre lang Ruedi Wenger (dem oben erwähnten ehemaligen langjährigen Präsident des Monteverdi Clubs), bevor es 2013 verkauft wurde. Es kann üblicherweise im Automuseum Pantheon Basel bewundert werden.

Kategorie H: ACS Sport- und Rennwagen 1946-1972

Es gelingt dem kleinen Abarth 750 GT Corsa tatsächlich, die starke Konkurrenz zu überholen und auf den ersten Platz zu fahren. Mit seiner leichten Zagato-Karosserie und dem Double-Bubble-Dach ist das Auto ein ganz seltenes Exemplar. Der Name 750 bezieht sich auf den Hubraum, der bloss 0.75 Liter klein ist (grösser als der ursprüngliche 0.6-Liter-Motor von Fiat), aber Erstaunliches leistet. Er ermöglichte dem Abarth einen Dreifachsieg in seiner Klasse im Mille-Miglia-Rennen von 1957.

Kategorie I: ACS Sport- und Rennwagen ab 1973

Plötzlich wird es ganz modern: Der Bugatti Chiron Sport «110 ans» von 2019 siegt in der Kategorie der modernen Sport- und Rennwagen. Sein 16-Zylinder-Motor hat mehr als 10x so viel Hubraum wie der Abarth aus der vorherigen Kategorie. Nur 20 Exemplare wurden in dieser Sonderedition zum 110-Jahre-Jubiläum von Bugatti hergestellt, in einer mattblauen Lackerung mit dem Namen «Steel Blue» und der französischen Trikolore auf den Rückspiegeln und an weiteren Orten – auch auf der Unterseite des beweglichen Heckspoilers, was hier aber nicht gut zu sehen ist (deshalb noch ein Foto vom Auto-Salon Genf 2019). Beide Chirons gehören der Pearl Collection in Baar.

Kategorie J: ASTAG Reisecars

Obwohl ich den elektrischen Omnibus von Tribelhorn aus dem Jahr 1912 interessanter fand, konnte er wohl nicht gewinnen: Er gehört dem Verkehrshaus. So geht der Kategorien-Sieg der Reisecars an den Twin Coach Hercules 38-S-DT mit Jahrgang 1948 der Verkehrsbetriebe der Stadt Luzern.

Kategorie Z: Artcars

Als einziger Teilnehmer in dieser Kategorie gewinnt der Schweizer Künstler Dominik Lipp mit seinem selbst bemalten Porsche F.S.T 986 Art Car.

Entrants Trophy Luzern 2022

In dieser Kategorie konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am ACS Concous d’Excellence International einem Fahrzeug (nicht dem eigenen) ihre Stimme geben. Am meisten Stimmen in dieser ganz besonderen Kategorie, sozusagen der Sympathie-Preis der ganzen Veranstaltung, hat erneut der Monteverdi High Speed 375L von Paul Berger erhalten.

Excellence Award Luzern 2022

Auch die Besucherinnen und Besucher im Verkehrshaus durften ihre Stimme abgeben. Ihre Wahl fällt auf den Rolls-Royce 40/50 HP Silver Ghost Piccadilly Roadster aus dem Jahr 1922, der also vor 100 Jahren gebaut wurde. Der Sechs-Zylinder-Reihenmotor mit seinem enormen Hubraum von 7,4 Litern leistet 75 PS. Die Picadilly-Karosserie war eine der schnittigsten und begehrtesten der Zeit und der Inbegriff von Eleganz. Der Roadster verfügt über nur zwei Sitze und einen «Schwiegermuttersitz», eine dünn gepolsterte provisorische Sitzbank, die hinter dem Klappverdeck angeordnet ist. Und einen externen Kofferraum, der tatsächlich aus einem grossen Koffer bestand. Selbstverständlich thront auch hier die für Rolls-Royce typische Figur «Spirit of Ecstasy» auf dem Kühlergrill, wobei sie hier nach links gedreht ist.

Grand Prix d’Excellence Luzern 202

Aus den Siegern der verschiedenen Kategorien bestimmt die Jury einen Gesamtsieger: den Bugatti Type 50 Roadster, Gewinner der Kategorie A.

Weitere spannende Fahrzeuge

Am ACS Concours d’Excellence International haben aber noch viele weitere interessante Fahrzeuge teilgenommen. Zu diesen gehört auf jeden Fall der MBM Sport Sp-100, bei dem es trotz Peter Monteverdis anderweitigen Plänen für eine Rennwagen-Serie bei diesem Einzelstück blieb. Mehr über das spannende Auto mit zwei Getrieben ist im grossartigen «Zwischengas»-Artikel zu lesen.

Auch ohne den grossen Heckflügel gefällt mir der DeTomaso Pantera GTS ausgesprochen gut. Der gelbe Sportwagen mit argentinischen Wurzeln wurde vor genau 50 Jahren gebaut.

Neben dem DeTomaso Pantera parkte ein Opel Manta B GT/E, den ich auf der Teilnehmerliste nicht wiederfinden kann. Mit seiner Zweifarben-Lackierung mit Streifenaufkleber, dem Heckscheibengitter, der Kunststoff-Heckabrisskante und dem stilechten Fuchsschwanz am Rückspiegel lässt dieser Manta die 80er-Jahre voll aufleben!

Das neueste Fahrzeug vor Ort ist der Aston Martin Valkyrie. Der Supersportwagen mit Hybrid-Antrieb wurde erst dieses Jahr gebaut und gehört einer Luxusauto-Firma, die ebenfalls erst dieses Jahr gegründet wurde.

Das Verkehrshaus bot eine passende Kulisse für diesen Schönheitswettbewerb der Automobilwelt. Der ACS Automobil Club der Schweiz hat sich grosse Mühe gegeben, nicht nur die Teilnehmenden zu involvieren, sondern mit dem Malwettbewerb für Kinder und die Bewertung durchs Publikum auch die Besucherinnen und Besucher im Verkehrshaus.

Vielen Fahrzeugen hat man erst auf den zweiten Blick angesehen oder beim Recherchieren herausgefunden, wieso sie zur Elite der Autowelt gehören. Hier hätte ich mir zusätzliche Informationen für interessierte Personen gewünscht. Genauso exzellent fand ich nämlich den Lotus Esprit der ersten Generation, der am Bahnhof Luzern plötzlich hinter uns war, den Lamborghini Huracán, der vor dem Verkehrshaus durchgefahren ist, oder den Morgan Threewheeler, den wir auf dem Nachhauseweg gekreuzt haben.

Permalink zu diesem Beitrag: http://ptrl.ch/excellence2022

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