Ein Requiem für den Auto-Salon Genf
Der Auto-Salon Genf ist zurück – und enttäuscht. Vom einstigen Spektakel mit vielen Neuheiten und einer grossen Auswahl aller Marken, aus denen man sich nächstes Auto auswählen konnte, ist nichts mehr übrig. Wir berichten von der Begräbnisfeier.
Alle fehlen. Alle bis auf einen: Renault ist als einziger bekannter Autohersteller am Auto-Salon 2024 vertreten, inklusive seiner rumänischen Tochtermarke Dacia, und stellt hier den neuen Renault 5 vor. Das Elektroauto im Retro-Design gefällt. Den Baguette-Halter habe ich beim Probesitzen allerdings nicht gefunden, und eines hat mich besonders gestört: Obwohl das Auto deutlich grösser ist als das Original, fühlt es sich sehr klein an. Als ich hinten einsteigen will, stosse ich zuerst mit dem Kopf gegen das Dach und bekomme dann meine Beine nicht hinein, so eng ist hier der Platz bemessen.
Daneben nutzen bisher kaum bekannte Hersteller und chinesische Tesla-Kopien die Gelegenheit, um auf den Schweizer und europäischen Markt zu drängen. Das klappt. Da die bekannten Automarken abwesend sind, stossen sie mangels Alternativen auf Interesse.
Und eigentlich war es das auch bereits mit dem Auto-Salon Genf 2024. Spätestens nach einer Stunde hat man die Aussteller gesehen, die sich auf knapp 20% der bisherigen Fläche präsentieren.
Um trotzdem wenigstens zwei der sieben Messehallen-Bereiche zu füllen – der Rest ist mit grossen Raumteilern und Vorhängen abgetrennt – gibt es im oberen Stock grosse Sitzbereiche und eine bunt zusammengewürfelte Ausstellung mit Auto-Klassikern, Sportwagen und Oldtimern. Die Ausstellung ist nett und beinhaltet auch ein paar meiner Lieblings-Autos. Aber wenn ich ein Auto-Museum hätte besuchen wollen, wäre ich zur Collection Schlumpf im französischen Mühlhausen oder zur Autobau Erlebniswelt in Romanshorn gefahren.
Hier im oberen Stock sieht es dann doch noch ein bisschen nach Auto-Salon aus: Weil alle grossen Marken fehlen, haben die Organisatoren die sieben Finalisten des «Auto des Jahres» hingestellt. Dieses wird jeweils in Genf von einer europäischen Jury gewählt. Die Besucherinnen und Besucher umschwärmen die sieben Autos wie die Motten das Licht. Sie benutzen diese einzige Gelegenheit, doch noch in ein «normales» Auto zu sitzen, das sie vielleicht kaufen möchten. Neben dem Gewinner Renault Scenic sind das ein BMW 5er-Serie, BYD Seal, Kia EV9, Peugeot E-3008, Toyota C-HR und Volvo EX30.
Lohnt sich der Besuch am Auto-Salon Genf 2024? Kurz gesagt: Nein. Und die Verantwortlichen hätten sich besser an der Weisheit der Dakota-Indianer orientiert, die besagt: «Wenn du ein totes Pferd reitest, steig ab.» Doch dank wohl unerschöpflichem Geld aus Katar, wo der Genfer Auto-Salon nun ebenfalls stattfindet, wird er sicherlich auch weiterhin durchgeführt – als Schatten dessen, was er mal war.
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