Ist Top Gear jetzt tot?

Schade. Nach der gründlichen Untersuchung des Vorfalls vom 4. März hat BBC-Generaldirektor Tony Hall beschlossen, Jeremy Clarksons Vertrag, der Ende März ausläuft, nicht zu verlängern. Das suspendierte Alphamännchen unserer Lieblings-Autosendung „Top Gear“ wird damit faktisch entlassen. Ist dies das Ende von Top Gear?

Top Gear Logo

Ist es in Ordnung, einen anderen Menschen und Arbeitskollegen zwanzig Minuten lang aufs Übelste zu beschimpfen und ihn dann so ins Gesicht zu schlagen, dass er mit einer geplatzten Lippe in die Notaufnahme muss? Auf diese Frage kann und darf es nur eine Antwort geben: nein. Das können sich allenfalls Könige, Despoten und Diktatoren leisten, die niemandem Rechenschaft schuldig sind und ihr Schreckensregime ohne Rücksicht auf Verluste aufrechterhalten. Nicht aber ein Angestellter eines staatlichen Fernsehsenders – oder irgendeines anderen Unternehmens – und mag er noch so bekannt und beliebt sein.

Und schon gar nicht, weil anstelle des erhofften Steaks nur eine kalte Platte bereitstand, weil der Koch bei Drehschluss schon Feierabend hatte. „Es kann nicht sein, dass wir eine Regel für die einen und eine Regel für die andern haben“, sagt Tony Hall. BBC erwarte ein „Mindestmass von Anstand und Respekt“ von all seinen Angestellten. Mit seinem Handeln habe Jeremy Clarkson eine Grenze überschritten. Er ist daher nicht mehr tragbar. Er selbst bedaure die Entscheidung sehr, da er Clarkson eigentlich mag und er ein grosser Fan der Autosendung sei.

Bring Back Clarkson

Zuvor hatten Fans von Top Gear in einer eindrücklichen Aktion über eine Million Unterschriften gesammelt, um sich für die Rückkehr von Jeremy Clarkson einzusetzen. Weniger intelligent war es, diese mit einem Panzer zur BBC zu fahren. Es passt aber irgendwie ganz gut – diese Idee hätte genauso gut aus Jeremys Oberstübchen stammen können.

Es gibt nur eine Person, die am ganzen Schlamassel schuld ist: Clarkson. Er hatte sich in der Vergangenheit viele Faux-pas geleistet und wurde deswegen mehrfach verwarnt. Vor ein paar Monaten wurde die „letzte Warnung“ ausgesprochen. Klar, das durfte die Entscheidung nicht beeinflussen, die wohl auch ohne Verwarnungen so ausgefallen wäre. Er hat aber gewusst, dass er sich zusammen nehmen musste. Dass sich Jeremy Clarkson weiterhin nicht unter Kontrolle hat und sich im Alter von 54 Jahren schlimmer als jede Diva aufführen muss, ist tragisch. Nicht ohne Grund nennen ihn Hammond und May gerne den Orang-Utang. Mit seinem affigen Ausraster macht er nicht nur sich selbst arbeitslos, sondern unter Umständen das ganze Team und die Crew.

Geht es weiter, und wenn ja: wie?

Momentan ist die Zukunft von Top Gear ungewiss. Jeremy wurde nach der 7. Episode der 22. Staffel suspendiert. Drei Episoden stehen noch aus. In Episode 8, die bereits in der Vorschau gezeigt wurde, fahren die drei in Cabrio-Klassikern übers Land. Daneben werden der Subaru WRX STi und der neue VW Golf R vorgestellt. In Episode 9 kaufen die drei gebrauchte SUVs und Jeremy fährt Luxuslimousinen. Der Inhalt von Episode 10 ist nicht bekannt. Die einzelnen Beiträge wurden bereits gedreht und können (und sollen) noch gezeigt werden.

  • Szenario 1: Ein neuer Moderator schliesst sich James May und Richard Hammond an. Jeremy war bisher schon immer der Rüpel der drei, Richard über-enthusiastisch und James der Besonnene. Sie haben sich gut ergänzt, auch wenn sie sich häufig gegenseitig verflucht haben. Mit einem neuen Moderator stimmt die Chemie wohl nicht mehr – für die Moderatoren oder für die Zuschauer. Er hätte sicher einen schweren Stand, in Jeremys Fussstapfen zu treten.
  • Szenario 2: James May und Richard Hammond verlängern aus Solidarität zu Jeremy Clarkson ihre Verträge nicht. Ein komplett neues Trio wird eingesetzt. Das wäre schade, da er mit seinem Verhalten ihre Solidarität nicht verdient hat. Ein komplett neues Trio könnte aber sicher weniger vorbelastet an den Start gehen. Dass das (mehr oder weniger gut) funktioniert, zeigen ja auch die verschiedenen Ableger von Top Gear ausserhalb von Grossbritannien: Seit 2007 werden Top Gear-Sendungen in Australien, Russland, USA, Südkorea, China und seit diesem Jahr Frankreich gedreht.
  • Szenario 3: Ein anderer Sender übernimmt Clarkson, May und Hammond als Trio für eine eigene Autosendung. Die würde dann aber sicher nicht Top Gear heissen. Ob die drei einem Konkurrenzverbot unterstehen, das ein solches Vorhaben verhindert, ist nicht bekannt.
  • Szenario 4: Top Gear wird eingestellt. Das hofft natürlich niemand.

Klar ist: Die Sendung wird nie mehr dieselbe sein. Ist Top Gear jetzt tot? Vermutlich schon. Jeremy Clarkson hat Top Gear erschaffen, und Jeremy Clarkson hat Top Gear beerdigt.

Das BBC-Statment: http://transmission.blogs.topgear.com/2015/03/25/bbc-releases-statement-on-clarkson/

Jeremy Clarkson - You're not you when you're hungry

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