Richtig Auto fahren in Frankreich

In Frankreich herrscht auf der Autobahn eine andere Mentalität als in der Schweiz. Wer in den Sommerferien in die Provence, Normandie, das Burgund, an die Côte d’Azur oder in eine andere schöne Gegend Frankreichs fährt, merkt das schnell. Dazu kommen eine unterschiedliche Höchstgeschwindigkeit je nach Wetter und alle paar Kilometer eine Mautstelle. Trotzdem muss Autobahn fahren in Frankreich nicht schwierig sein. Mit diesen Tipps wird Eure Ferienreise in Frankreich «très bon».

Höchstgeschwindigkeit je nach Wetter

Direkt nach der Grenze zu Frankreich steht die Tafel: Höchstgeschwindigkeit generell 130 km/h, aber nur 110 km/h bei Regen. Doch wann gilt das tiefere Tempolimit? Von Deutschland her kennen wir das Schild «bei Nässe», das bereits ab einem dünnen Wasserfilm auf der Strasse zum Langsamerfahren verpflichtet. Das Regenwolken-Symbol mit den vielen Regen-Fäden auf dem Schild deutet hingegen darauf hin, dass es schon ziemlich stark regnen muss, dass man vom Gas gehen muss. Was gilt nun?

Um es vorwegzunehmen: Ist die Polizei der Meinung, man sei zu schnell, helfen alle Verhandlungsversuche nichts. Langsamer fahren wegen Regen tut in Frankreich sowieso keiner – nur die Bussen sind dann höher. Im Gesetz sind keine hilfreichen Informationen zu finden. Und auch im Internet getraut sich kaum jemand, hier Vermutungen abzugeben. Ich halte mich an die Faustregel: Es regnet, wenn ich den Scheibenwischer einschalten muss.

Mautgebühren statt Autobahn-Vignette

Eine Autobahn-Vignette, so wie wir das in der Schweiz kennen, gibt es in Frankreich nicht. Leider ist Autobahn fahren deswegen nicht gratis. Bei vielen Autobahn-Abschnitten gilt ein Road Pricing: Hier muss man nach Benützung zahlen. An der ersten Mautstelle («gare de péage») zieht man ein Ticket ähnlich wie fürs Parkhaus, und an der nächsten Mautstelle oder beim Verlassen der Autobahn steckt man es wieder in den Automaten und muss bezahlen (mit Bargeld, Kreditkarte oder Télépéage – auf die Schilder achten). Für jeden Streckenabschnitt sind zwar nur ein paar Euro fällig, doch da kommt schnell eine ziemliche Summe zusammen. Einmal quer durch Frankreich kann da schon mit 50-100 Euro zu Buche schlagen.

Dafür gibt’s aber auch eine Gegenleistung: Der Strassenbelag ist neu und leise, alle paar Kilometer gibt’s Rastplätze oder Raststätten mit sauberen WC-Anlagen, Duschen, Essen, Sandwiches und Getränken, und immer mit einer schönen Auswahl an lokalen Produkten. Unangenehm überraschen dabei nur die kärglichen WCs ohne WC-Brillen. Vermutlich wurden die ständig gestohlen und mutwillig beschädigt, so dass sie nicht mehr ersetzt werden. Das Sitzen auf der Porzellanschüssel ist eher gewöhnungsbedürftig.

Moderner als mit den Tickets fährt man mit der elektronischen Abrechnung (Télépéage). Mit dem «Bip&Go»-Kästchen hinter der Windschutzscheibe reicht es, wenn man auf der speziell dafür vorgesehenen Spur mit max. 30 km/h bei der Mautstelle durchfährt. Das Kästchen piepst, die Ampel schaltet auf Grün und die Barriere öffnet sich, und schon geht die Fahrt fast ohne Zeitverlust weiter. Die Maut wird dann einmal pro Monat direkt vom Bankkonto abgezogen. Wir haben damit schon einige Staus vor den Zahlstellen umfahren und Zeit gewonnen.

Das «Bip&Go»-Kästchen kann unter www.bigandgo.com (Webseite auch auf Deutsch) im Internet bestellt werden. Es kostet 10 Euro für die Aktivierung und 10 Euro Versandkosten. Wer es nur für die Ferien braucht, kann ein Abonnement für die gelegentliche Nutzung ohne monatliche Grundgebühr abschliessen. So sind lediglich 1.70 Euro Grundgebühr für die Kalendermonate fällig, in denen das Kästchen verwendet wird. Diese Gebühren und die Mautkosten werden dann in monatlichen Abrechnungen mit Sepa (internationales Lastschriftverfahren) direkt vom Bankkonto abgebucht.

Bussen mit Rabatt

In Frankreich dürfen Navigationsgeräte vor «Gefahrenstellen» warnen und melden damit alle fest installierten Radarfallen mit einem Warnton. Häufig machen die Radarfallen auch mit einer  «Rappel»-Tafel («zur Wiederholung») oder direkt mit einer Radar-Warntafel auf sich aufmerksam.

Die Polizei macht aber auch häufig mobile Kontrollen mit Radargeräten, die halb versteckt auf den zahlreichen Zugängen zur Autobahn platziert werden. Die daraufhin per Post nach Hause geschickte Busse darf man nicht ignorieren: Per Staatsvertrag sind französische Verkehrsbussen auch in der Schweiz durchsetzbar. Immerhin sind die Bussen nicht sehr hoch und können mit der Kreditkarte im Internet beglichen werden. Dabei lässt sich sogar die Sprache umschalten, womit man auf Deutsch nachlesen kann, was einem vorgeworfen wird und wie man dagegen Einsprache erheben kann. Bei der fristgerechten Bezahlung gewährt die Webseite sogar einen Rabatt.

Wie in der Schweiz ist das Risiko hoch, bei einer Geschwindigkeitsübertretung von mehr als 30 km/h von der Polizei gestoppt zu werden. Dabei gibt es standardmässig eine Alkoholkontrolle und eine kurze Ermahnung… und eine Eskorte zum nächstgelegenen Bankomaten, falls man den Bussenbetrag (ab 90 Euro) nicht in Euro bar bezahlen kann.

Immerhin gibt es keine Abschnittskontrollen zwischen den einzelnen Mautstellen.

Umweltzonen in einigen Städten

Paris, Lyon, Grenoble, Lille, Strassburg und immer mehr Städte und Gegenden Frankreichs wollen keine Dreckschleudern mehr die Luft verpesten lassen. Sie verlangen deshalb auch von ausländischen Fahrzeugen eine «Crit’Air» Umweltvignette. Alle Städte verfolgen dabei ein eigenes System. Einige erlauben gar keine Fahrzeuge älter als Baujahr 1997 bzw. mindestens EURO-2-Norm, andere nur am Wochenende, und wieder andere nur bei guter Luftqualität.

Informationen dazu sind unter www.certificat-air.gouv.fr (Webseite auch auf Deutsch) zu finden. Hier kann man auch gleich die Umweltvignette beantragen (für umgerechnet unter 10 Franken inkl. Versand), die dann per Post in die Schweiz geschickt wird. Die Eingabeaufforderungen verwirren ein wenig, da die Schadstoffklasse (EURO-Norm) und der CO2-Ausstoss nicht im Schweizer Fahrzeugausweis zu finden sind. Beim Feld «Fahrzeug-Identifikationsnummer» habe ich die Stammnummer eingefüllt. Und das erforderliche Foto des Fahrzeugausweises, das man im Formular hochladen muss, darf nicht grösser sein als 400 KB.

Schlussendlich läuft die Bestellung aber sehr einfach ab. Unser relativ neuer Benziner erhält die violette «1»-Plakette, mit der die französischen Städte problemlos befahren werden können. Alle Personenwagen mit Benzinmotor und Inverkehrsetzung ab Januar 2011 erhalten diese beste aller Vignetten (ausser der grünen für reine Elektrofahrzeuge), während Autos mit Dieselmotor maximal die gelbe «2»-Plakette bekommen. Autos mit einem Jahrgang vor 1997 erhalten keine Plakette und müssen damit in vielen Fällen draussen bleiben. Hier ist eine Klassifizierungstabelle zu finden.

Im Kreisel blinken

Wer im Kreisel nicht gleich wieder rausfährt (rechts oder geradeaus), der blinkt links. Das lehren übrigens auch die Fahrlehrer in der Westschweiz so. Eine Regelung, die ich wirklich sinnvoll finde. Zum Verlassen des Kreisels muss dann rechts geblinkt werden.

Der berüchtigste Kreisel Frankreichs befindet sich in Paris: Zwölf (!) Strassen führen sternförmig vom Triumphbogen weg. Es lohnt sich, von der Aussichtsplattform auf dem Bogen ein wenig dem Verkehr zuzuschauen. Völlig chaotisch drängen sich hier die Autos und Motorräder neben- und zwischeneinander vorbei und es ist kaum zu glauben, dass nicht permanent Unfälle passieren. In einem solchen Fall wird übrigens beiden Beteiligten automatisch die Hälfte der Schuld zugewiesen. So spart sich die Polizei eine Arbeitsüberlastung zur Ermittlung des Schuldigen.

Richtig Autobahn fahren in Frankreich

Doch wie fährt man nun wie ein Franzose auf der Autobahn? Viele Automobilisten lassen den linken Blinker draussen, wenn sie ein anderes Fahrzeug überholen, und blinken danach rechts, um vor dem Fahrzeug wieder einzubiegen. Die schnellen setzen hingegen den Blinker, um den Vordermann darauf aufmerksam zu machen, dass sie vorbei möchten. Solange dabei nicht zu dicht aufgefahren wird, scheint das in Frankreich erlaubt zu sein.

Im Gegensatz zur Schweiz ist in Frankreich die Linie zum Pannenstreifen hin unterbrochen. Das hilft, den Abstand zum Vordermann einschätzen zu können. Sie sind so aufgemalt, dass beim Fahren mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit pro Sekunde ein Streifen zurückgelegt wird. In regelmässigen Abständen stehen Schilder mit dem Hinweis «1 Trait Danger, 2 Traits Sécurité»: Autofahrer sollen zwei Striche Abstand halten.

Das Tempolimit in Frankreich beträgt innerorts 50 km/h, ausserorts 90 (teilweise auch nur 80) km/h und auf der Autobahn wie erwähnt je nach Wetter 130 oder 110 km/h. Die Autobahn-Wegweiser sind blau und Überland-Wegweiser grün – also genau umgekehrt wie bei uns.

Neben einer Warnweste pro Person muss man im Auto auch einen Alkohol-Einweg-Tester mitführen. Die Einführung dieser Regel im Jahr 2013 hat viele Autofahrer und Lieferanten überfordert und sie waren lange nirgends mehr erhältlich. Obwohl das Obligatorium weiterhin gilt, gibt’s keine Busse, wenn der Tester fehlt.

Bon Voyage!

Permalink zu diesem Beitrag: http://ptrl.ch/frankreich

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